Wer am 10. Juli dieses Jahres durch die Berliner Innenstadt spaziert ist, wurde Zeuge einer etwas ungewöhnlichen Demonstration. Dutzende Frauen und auch zahlreiche Männer schnappten sich ein Fahrrad, zogen obenrum blank und fuhren unter dem Motto „No Nipple is free until all Nipples are free!“ einmal durch die Innenstadt. Sie verliehen dem Motto, das auf Deutsch „Kein Nippel ist frei bis nicht alle Nippel frei sind“ mit farbenfroh angemalten Oberkörpern deutlich Ausdruck. Männer in BHs und mit Brüsten zum Umschnallen unterstützten die Demonstration und beteiligten sich an der witzigen Aktion, die ein Zeichen der Solidarität darstellte.
Warum fahren Frauen oben ohne durch die Stadt?
Anlass der Demonstration war ein Ereignis, das sich am 20. Juni ereignet hatte. In einem Berliner Wasserpark zog eine Frau bei 35 Grad ihr Shirt aus, um sich zu sonnen. Sicherheitsbeauftragte der Parkanlage forderten die gebürtige Französin daraufhin auf, sich wieder zu bekleiden, was sie allerdings verneinte. Auch einem Platzverweis wollte sie nicht nachgehen, woraufhin es sogar zu einem Polizeieinsatz kam. Das Ereignis machte schnell die Runde, denn bei der Dame handelte es sich nicht um irgendwen.
Bei der Französin handelt es sich um Gabrielle Lebreton, die nicht das erste Mal blankzog. Die Aktivistin setzt sich schon lange Zeit für die Gleichberechtigung ein und besonders, wenn es um die Sexualität geht. Es habe bisher noch nie Ärger geben, wenn sie sich in einem Berliner Park oben ohne gesonnt hätte und auch auf Protestaktionen seien ihre nackten Brüste nie ein Thema gewesen, äußerte sie gegenüber der „Berliner Zeitung“, der sie kurz nach dem Vorfall ein Interview gab. Sie sei unter anderem 2012 gerade nach Berlin gezogen, weil die Stadt für ihre offene Art bekannt ist.
An diesem Tag schienen die Sicherheitsbeamten allerdings ein Problem mit der Weiblichkeit einer Frau zu haben. Sie erklärten, dass es sich nicht um einen FKK-Bereich handele und sie deshalb zumindest einen BH tragen müsse.
Der Vorfall hat in der Stadt für ordentlich Aufsehen erregt und sogar dazu geführt, dass die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt zu einem Gespräch einladen ließ.
Frauen sind für Gleichberechtigung und wollen sich nicht länger verstecken
Passend zu dem Thema erschien vor zwei Tagen ein Instagram-Post von Heidi Klums Tochter. Leni Klum präsentiert sich auf einem Bild für ein Newcomer-Magazin von einer ganz neuen Seite. Eine überwiegend verdeckte Brust des 17-jährigen Nachwuchsmodels sorgte innerhalb weniger Stunden für unzählige Debatten in den sozialen Medien. War vielleicht dieses Bild ebenfalls ein Zeichen für den Widerstand gegen die Sexualisierung des weiblichen Oberkörpers?
Immer mehr Frauen sprechen sich dagegen aus, sich dort komplett verdecken zu müssen, wo Männer ohne Weiteres oben ohne rumlaufen können. Während sich Männer sich in Parkanlagen bedenkenlos obenrum entkleiden können, müssen Frauen immer darauf achten, dass gewisse Körperregionen bedeckt sind.
Es sind doch nur Brüste
Dass Brüste der Frauen endlich nicht mehr sexualisiert werden, fordert auch die bundesweite feministische Bewegung „Gleiche-Brust-für-Alle“, die von Gabrielle Lebreton gegründet wurde. Es wird gefordert, dass Brüste „normalisiert“ werden und Frauen sich auch an den gleichen Orten wie Männer obenrum nackt zeigen dürfen. Bisher ist es Frauen somit nur gestattet, sich an FKK-Stränden und dafür vorgesehenen Bereichen oben ohne zu zeigen.
Wie auch die Sexpositiv-Bewegung setzen die Frauen sich dafür ein, dass das weibliche Geschlecht zu ihrem Körper steht.
In Berlin hat die Demonstration und der Aufruhr um die Französin anscheinend etwas bewirkt. So heißt es von Seiten des Bezirksamtes, dass über entsprechende Maßnahmen nachgedacht werden würde. Seien es definierte Zonen oder ein klar definierte Zeitfenster, in denen FKK-Betrieb in der Parkanlage möglich sei.
Auch in Augsburg nackte Brüste statt Demonstrationsschildern
Im August gab es erneute Demonstration von Frauen, die sich dafür einsetzen, dass sie in der Hinsicht die gleichen Rechte wie Männer erhalten. Von den rund 100 Teilnehmerinnen zeigten 30 Frauen sich obenrum unbekleidet, aber dafür mit verschiedenen Sprüchen.
Das Grundgesetz besagt im Paragraf 183a, dass die weibliche Brust als Geschlechtsmerkmal gelte und so in der Öffentlichkeit bedeckt sein müsste. Ein Verstoß wäre somit „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ und damit Tatbestand einer Straftat.
Gegen diese Ungleichheit gehen immer mehr Frauen vor, was die beiden Demonstrationen zeigen. In den nächsten Monaten wird es aufgrund des Wetters wahrscheinlich nicht zu solchen Demos kommen, aber wer weiß, was das nächste Jahr bringt.
Sind die Männer schuld an der Situation?
Sieht man sich die Demonstration in Augsburg an, wird klar, dass die Frauen dem männlichen Regime die Schuld an der Misere geben. Botschaften wie „Patriachart abnippeln“ finden sich unter den niedergeschriebenen Demonstrationsplakaten und den entblößten Oberkörpern der Frauen wieder.
Die Forderung ist dabei eindeutig. Der Paragraf 183a des Strafgesetzbuches müsste umgeschrieben werden. Aktuell würde durch diesen Paragrafen eine Sexualisierung der weiblichen Brust stattfinden, wodurch niemals eine Gleichberechtigung erreicht werden könne.
Die Reaktionen der Männerwelt
Auch die Männerwelt zeigt sich mit verschiedenen Reaktionen zu den Aktionen. Man könnte jetzt denken, dass dabei die Stimmen eindeutig in Richtung Befürwortung gehen. Allerdings teilen sich auch hier die Lager. Während die einen der Meinung sind, dass es den Frauen selbst überlassen sein sollte, ob sie ihre Oberweiten entblößen, halten andere es aus ästhetischen Gründen eher für ungeeignet.
Tipp: Mia Julia zieht sogar auf der Bühne blank!
Zusammengefasst
Nachdem nackte Brüste über Jahrzehnte in der Öffentlichkeit nur an dafür vorgesehen Orten „legal“ waren, melden sich immer mehr Frauen zu Wort, die gegen dieses System sind. Brüste dürfen nicht mehr länger sexualisiert werden und nicht als Erregung öffentlichen Ärgernisses angesehen werden. Stand jetzt ist laut Strafgesetzbuch eine Straftat, wenn sich eine Frau oben ohne in der Öffentlichkeit präsentiert, während es Männer nahezu freisteht, wann sie ihr T-Shirt ausziehen. Sowohl in Berlin als auch in Augsburg gingen dieses Jahr schon unzählige Frauen und sogar Männer auf die Straße, um für die Freiheit der weiblichen Brüste zu kämpfen.